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Weichmacher in Kinderurin gefunden

Im Januar 2024 wurde von dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) der Nachweis eines unerwarteten Phthalatmetaboliten in Proben von Kindern im Alter von 2 bis 6 Jahren gemeldet. Über 60 % der 250 im Jahr 2020/21 getesteten Kinder wiesen Mono-n-Hexylphthalat (MnHxP) im Urin auf. Quelle

Die Untersuchungen im Rahmen der „6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit“ sind jedoch noch nicht abgeschlossen und es gibt aktuell noch keine abschließende Ursache, jedoch Hinweise darauf, warum der seit Februar 2023 bedenkliche Weichmacher in Urinproben nachgewiesen wurde.

Was ist MnHexP und DnHexP?

Bei den gefundenem Substanz handelt es sich um MnHexP. MnHexP steht für Mono-n-hexylphthalat, ein Metabolit (Stoffwechsel-Abbauprodukt) des Phthalats Di-n-hexylphthalat (DnHexP oder DHP).

Phthalate sind eine Gruppe von Chemikalien, die häufig als Weichmacher in Kunststoffen verwendet werden, um sie flexibler und haltbarer zu machen.

DnHexP wurde 2013 als besonders besorgniserregender ⁠Stoff⁠ im Rahmen der REACH-Verordnung (REACH-VO) identifiziert, da es die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen gefährden kann. 2020 erfolgte dann die Aufnahme in den Anhang XIV der REACH-VO, die EU-REACH-Autorisierungsliste, was seine Verwendung in der EU im Wesentlichen verbietet, es sei denn, es liegt eine spezielle Genehmigung für seine Verwendung vor. Da keine Anträge auf Autorisierung eingereicht wurden, sollte es eigentlich keinen Nachweis des Abbauproduktes MnHxP geben. Quelle

Hypothese: Kontamination eines UV-Filters mit DnHxP

Eine untersuchte Hypothese besagt, dass ein UV-Filter, der in Sonnenschutzmitteln verwendet wird (Diethylaminohydroxy-benzoylhexylbenzoat, DHHB), mit DnHxP kontaminiert wurde. Quelle

Das CVUA Karlsruhe hat daraufhin 57 verschiedene Sonnenschutzmittel aus den Jahren 2020 (11 Proben), 2021 (6 Proben) und 2023 (40 Proben), einschließlich DnHexP, mittels HPLC-DAD untersucht. Quelle

Ergebnis:

  • In 21 von 57 Proben wurde DnHexP nachgewiesen.
  • Nur in Proben mit dem UV-Filter DHHB wurde DnHexP nachgewiesen
  • Nicht alle Proben mit dem UV-Filter DHHB waren kontaminiert.
  • Eine Korrelation zwischen den Gehalten an DnHexP und DHHB konnte nicht festgestellt werden.

Das sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung

“Die in Urinproben nachgewiesenen Konzentrationen des Stoffes Mono-nhexylphthalat (MnHexP) geben nach einer ersten, vorläufigen Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) keinen Anlass für eine erhöhte Besorgnis.”

“Das BfR hat zudem bewertet, ob Sonnenschutzmittel, die einen potenziell mit DnHexP verunreinigten UV-Filter enthalten, ein gesundheitliches Risiko darstellen könnten. Nach derzeitigem Stand des Wissens sind demnach gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Verwendung derart verunreinigter Mittel sehr unwahrscheinlich.”

“Erste Recherchen seitens des BfR haben Studien aus dem europäischen und nicht europäischen Ausland identifiziert, in denen der Nachweis von DnHexP in Hausstaub, Kinderspielzeug und auch Kinderkleidung berichtet wird.”

Das BFR hat erste Literaturrecherchen durchgeführt, , um Hinweise auf die mögliche Herkunft von DnHexP zu erhalten:

  • Messungen in Hausstaub in 60 Haushalten in Slowenien 2015 (Demirtepe et al., 2021). Der Stoff wurde in 95 % der Messungen gefunden
  • Messungen in Kinderspielzeug in der Türkei 2020 (Akkbik et al., 2020). 30 PVC-Spielzeuge wurden getestet, DnHexP war in 90 % der Proben enthalten
  • Hausstaubmessungen in der Türkei 2019 (Başaran et al., 2020)
  • Messungen in Kinderkleidung aus asiatischen Ländern 2020 (Tang et al., 2020).

“Die aktuellen Funde von DnHexP in Hausstaub in Europa geben einen Hinweis darauf, dass der Stoff in Produkten vorkommen könnte, die in diesen Haushalten genutzt wurden. Eine Anreicherung im Hausstaub kann beispielweise durch Abrieb von Erzeugnissen wie Textilien und Kinderspielzeug verursacht werden. Die genaue Ursache für das Vorkommen des Stoffes im Hausstaub/Urin konnte mit der Recherche aber nicht geklärt werden.”

Quelle BFR Februar 2024

Weitere mögliche Quellen

Die FCCmigex-Datenbank, vom Food Packaging Forum erstellt, bietet einen umfassenden Einblick in die Migration und Exposition von Chemikalien aus Lebensmittelkontaktmaterialien. Sie sammelt und analysiert Daten aus verschiedenen Quellen wie wissenschaftlichen Studien, regulatorischen Berichten und branchenspezifischen Informationen für eine ganzheitliche Analyse.

Laut dieser der Datenbank von kann DnHxP manchmal in Lebensmittelkontaktmaterialien wie Verpackungsartikel aus PLA, PE oder PVC, PET-Flaschen und Take-away-Lebensmittelbehälter aus Polypropylen, Polystyrol und beschichtetes Papier gefunden werden. Quelle

Wichtiges zum Schluss

  • Die genauen Quellen der Exposition gegenüber MnHxP bei Menschen sind derzeit immer noch unbekannt (Stand 11.03.2024).
  • Erste Hinweise, dass der UV-Filter DHHB Ursache für die MnHexP-Funde in Kinderurin konnten nicht bestätigt werden. Wer dennoch auf den UV-Filter DHHB (Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate) verzichten möchte, nutzt Sonnenschutzmittel mit anderen UV-Filtern. Es gilt: Lieber eine Sonnencreme mit DHHB als gar keine!
  • Weitere mögliche Quellen könnten laut BFR Kleidung und Spielsachen aus Kunststoff sein. Hier am besten auf Kunststoffprodukte aus nicht EU-Ländern verzichten und auf Kleidung und Spielsachen aus Naturmaterialien setzen.
  • Das Food Packaging Forum berichtet in ihrer Datenbank von DnHxP in Lebensmittelkontaktmaterialien wie PLA, PVC, PE, PET, PP, PS und beschichtetes Papier. So gut es geht also Plastikverpackungen bei Lebensmitteln meiden.

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